200 Jahre Gymnasium an der Stadtmauer

Gelungener Start ins Jubiläumsschuljahr

Das älteste Gymnasium Kreuznachs, 1819 als Königlich Preußisches Gymnasium gegründet, feiert im November seinen 200. Geburtstag.[…]

Für das Gymnasium an der Stadtmauer ist dies ein Anlass, gebührend zu feiern. Zur Eröffnung der Feierlichkeiten im Jubiläumsschuljahr lud die Schule unter dem Thema „Tradition und Innovation“ am vergangenen Donnerstag in die Aula ein und ließ ehemalige Lehrkräfte, die insgesamt rund 200 Jahre ihrer Dienstzeit am Stama verbrachten, erzählen. Schulleiter Christian Petri bedankte sich in seinen Eröffnungsworten bei der Oberstufenschülerin Julia Thress, die mit einem Klavierstück von Schubert den Abend eröffnet hatte. Der Dank gebührte außerdem Wolfgang Justenhoven, dem Vorsitzenden des Fördervereins, der die Technik leitete und dem es gelungen war, durch Illumination der Aula eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen, in der es sich gemütlich plaudern ließ. Die Moderatoren des Abends, Andreas Scherbel und André Gruber, hatten somit keine Mühe, den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen die Worte zu entlocken. Selbstverständlich war allen Beteiligten anzumerken, dass sie sich gerne an ihre Dienstjahre zurückerinnerten. Bisweilen wussten sie interessante Anekdoten zu erzählen. So war das Gymnasium an der Stadtmauer das erste Gymnasium der Stadt, welches auf Initiative der Schülerschaft ein Sozialpraktikum für Zehntklässler einführte. Christiane Kasper koordinierte dieses als Mittelstufenleiterin über viele Jahre und rief darüber hinaus das Mehrgenerationenprojekt ins Leben, welches sie auch jetzt im Ruhestand noch mitorganisiert.  Bei einer Veranstaltung im Rahmen dieser Projektarbeit auf dem Kornmarkt hörte sie neben sich den Satz einer Besucherin: „Ja, das Röka, die machen gute Sachen.“ Soziales Lernen ist längst kein Fremdwort mehr am Stama. Das Sozialpraktikum, der Klassenrat als Instrument der Demokratieerziehung sind zwischenzeitlich eine Selbstverständlichkeit. Auch Klaus Hamann, der sich seinerzeit für den fächerübergreifenden Unterricht in den Naturwissenschaften einsetzte, wusste Erstaunliches zu berichten, zum Beispiel die Förderung der Naturwissenschaften in einer Zeit, als man das Interesse vieler Mädchen an Physik und Chemie über die Funktionsweise eines Bügeleisens und die chemische Wirkung des Waschpulvers zu wecken versuchte. Glücklicherweise gehören Rollenklischees längst der Vergangenheit an. Das Gymnasium der Stadtmauer mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt verbucht seit Jahren große Erfolge in den MINT-Fächern. Sowohl Mädchen als auch Jungen belegten die ersten Ränge bei „Jugend forscht“. Heute wird das naturwissenschaftliche Profil der Schule durch das „offene Labor“ und das Nawi-Wahlfach ergänzt. Ehemaliger Kollege und Altphilologe Günter Boeckeler schwärmte von der Griechenland-Fahrt, die ihren festen Platz im Curriculum hatte, und Wolfgang Kretz lobte die 66jährige Tradition der Föhrfahrt mit ihren legendären Inselumwanderungen. Ein Hauch von Nostalgie war durchaus zu spüren und besonders die ehemaligen Schüler unter den Gästen fühlten sich an alte Zeiten zurückerinnert. Dennoch wurde kein verklärter Blick zurück geboten. Alle Redner und Rednerinnen betonten, welche Widerstände sie, die in den 70er Jahren ans Stama kamen, ausgesetzt waren in einem autoritär geprägten, konservativen und wenig innovativen Kollegium. Umso mehr freut es sie heute, dass sich ihr oftmals beharrlicher Kampf gelohnt hat und aus ihren Ideen gute Traditionen wurden, die das Stama heute weiterpflegt. Ein besonderer Höhepunkt des Abends war ein Vortrag von Ruth Hoffmann, ehemals Kollegin für Bildende Kunst. Ihr gelang es durch einen Blick in die Baugeschichte und die künstlerische Gestaltung der Schule den besonderen Charme des Gebäudes zu vermitteln. Vor fast 550 Jahren wurde ein Franziskanerkloster auf dem Areal des heutigen Gymnasiums errichtet. Dem Klostertrakt war die St. Wolfgangkirche angegliedert, deren Chorbau heute in die Schule integriert ist und von dessen Türmchen wir heute vier Mal täglich „Freude, schöner Götterfunken als Glockenspiel“ hören. Ruth Hoffmann wünscht sich, dass alle die Grundbotschaft der Ode an die Freude, nämlich die Freude als Energiequelle für unser Leben wahrnehmen. Mit Weinen des Weinguts Staab ließ man den ersten Stama-Talk-Abend entspannt ausklingen. Bereits am Donnerstag, 17. Oktober 2019, geht es weiter in der Vortragsreihe. Prof. Marbod Muff, Stama-Absolvent 1961, spricht dann zum Thema „Mit Anstand zum Unternehmenserfolg“.

Sandra Glanzmann