Der Krieg in der Ukraine hat unsere Normalität durchbrochen. Viele Schülerinnen und Schüler kamen aufgewühlt aus den Faschingsferien zurück, bewegt von den Bildern des Krieges, mit Ängsten, Sorgen und Fragen. […]Wenn erstmals seit Jahrzehnten wieder ein brutaler Angriffskrieg in Europa tobt, dann kann eine Schule nicht so tun, als wäre nichts passiert, dann darf auch eine Schule, zumal eine Europaschule, ein klares Bekenntnis abgeben: Für den Frieden und gegen den Krieg.

Das Gymnasium an der Stadtmauer hat auf Initiative der Schülervertretung am Aschermittwoch ein solches Friedenszeichen gesetzt. Der Vorstoß der Schülerinnen und Schüler fand schnelle und einhellige Unterstützung bei der Schulleitung, den Kolleginnen und Kollegen, in der Elternschaft und im Förderverein der Schule. Schulleiter Christian Petri eröffnete die Veranstaltung zu Beginn der großen Pause im Innenhof der Schule mit den Worten: „Wir sind Europaschule und stehen für ein friedliches Miteinander und den Dialog. Wenn ein Krieg in Europa tobt, dann dürfen wir nicht schweigen.“ Die Schülervertretung hatte Plakate in den Farben der Ukraine gestaltet und über den ganzen Schulhof verteilt. Die Sprecher der SV, Emma Grumbach und Paul Thress, zeigten sich in ihrer kurzen Rede erschüttert über die Situation in der Ukraine. „Der für uns bis jetzt selbstverständliche Frieden in Europa ist spätestens ab jetzt gefährdet. Neue Ängste und Befürchtungen kommen in uns auf und bedrücken uns. Vor uns: das Ungewisse.“ Deshalb sei es wichtig, gerade jetzt ein Zeichen des Friedens und der Solidarität mit dem ukrainischen Volk zu setzen, „denn Frieden ist das höchste Gut.“ Zudem wies die Schülervertretung auf mehrere Hilfsaktionen hin, die Nothilfe für die Menschen in der Ukraine und die vielen Geflüchteten leisten.

Zur Formulierung der Sorgen, Ängste und Hoffnungen der Schülerinnen und Schüler hatte die SV eine Stellwand aufgebaut, die im Nachgang der Veranstaltung rege genutzt wurde. Die Vertreter der Fachschaften Sozialkunde und Geschichte, André Gruber und Andreas Scherbel, nahmen auf Bitten der Schüler in einer Ansprache eine historisch-politische Einordnung der Ereignisse vor. Sie machten deutlich, von wem die Aggression ausgeht, nicht vom russischen Volk, sondern von der russischen Führung um Putin und wiesen auf die vielen Menschen in Russland hin, die sich trotz massiver Polizeimaßnahmen gegen den Krieg positionieren. „Unser Mitgefühl gilt aber auch den vielen tausend Russinnen und Russen, die sich nicht einschüchtern lassen, sondern tapfer gegen den Krieg auf die Straße gehen, obwohl sie wissen, dass sie sofort verhaftet werden und in Polizeigefängnissen landen. Das zeigt, Russland ist nicht Putin, aber Putin hat derzeit noch die Macht. Mehr als 6000 mutige Menschen befinden sich bereits in Haft. Eine Diktatur duldet und verträgt keinen Widerspruch.“ Beide Redner wiesen auf die Notwendigkeit der Ent- und Geschlossenheit der freien Welt hin und warnten mit historischen Bezügen davor, was passiert, wenn die Welt wegsieht und einen Diktator gewähren lässt. „Diese in Europa in der jüngeren Geschichte beispiellose Aggression Russlands geht uns alle an. Wenn wir zulassen, dass ein Aggressor ein schwächeres Nachbarland mit Gewalt unterwirft, wenn wir das als neue Normalität akzeptieren, dann wird – das zeigt uns die Geschichte – der Aggressor nicht beim ersten Land aufhören, sondern er wird weitermarschieren. Von Land zu Land könnte er mächtiger werden. Als nächstes könnte Putin also Litauen oder Polen bedrohen und damit die Abwehrbereitschaft der NATO testen. Wir erinnern uns in diesen Tagen mit Erschrecken an das Gedicht des von den Nazis verfolgten evangelischen Pfarrers Martin Niemöller: ‚Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Kommunist, als die Nazis die Juden holten, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Jude, als sie schließlich mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.‘ Wir dürfen uns dereinst nicht nachsagen lassen: ‚Als die Russen die Ukraine eroberten, habe ich geschwiegen, denn ich war ja kein Ukrainer.‘ Dieser himmelschreiende Bruch des Völkerrechts durch Russland bedroht nicht nur die Ukrainer, er ist gegen uns alle gerichtet, er bedroht auch uns. Deshalb ist es gut, dass am Wochenende Hunderttausende Deutsche auf zahlreichen Demonstrationen klargemacht haben: Die Ukraine geht uns alle an. Heute sind wir alle Ukrainer.“ Diese Solidarität mit den bedrohten Menschen in der Ukraine und das enge Zusammenstehen für den Frieden, drückte die Schulgemeinschaft des Stama am Ende der Veranstaltung durch das gemeinsame Singen der Europa-Hymne und die Formation des Friedenssymbols aus, begleitet von John Lennons Song: ‚Give peace a chance.‘

Hoffen wir, dass die vielen Tausend kleinen und großen Friedenszeichen, die derzeit in unserem Land und in der Welt gesetzt werden, die Kriegsverantwortlichen erreichen und zum Einlenken zwingen.