Direkt nach den Herbstferien stand für die 10. Klassen des Gymnasiums an der Stadtmauer (STAMA) ein ganz besonderer Unterricht auf dem Plan.[…]Das renommierte Künstlerkollektiv „Rimini Protokoll“ kam mit der Produktion „Schulbesuch Europa“ an die Schule. Das Ziel: Europa und die Europäische Union (EU) den Schülerinnen und Schülern spielerisch näher zu bringen. Somit konnte der doch sehr umfangreiche Stoff im Rahmen eines Stückes interaktiv und interessant übermittelt werden. Zum Repertoire gehörten: Tische, die als Theaterbühne dienten, eine gezeichnete Karte, Stifte und ein Schrittmacher. Das Stück teilte sich, wie ein klassisches Theaterstück in fünf Akte bzw. Spiellevel auf, hier kam das wichtigste Spielgerät zum Einsatz: der Schrittmacher. Durch diesen erhielten die Teilnehmenden Anweisungen, was sie zu tun haben. Viele begegneten dem Schrittmacher mit Respekt, da er einer Bombe gleichkam, aber es sich eigentlich um einen Minicomputer handelte, der die Spielanweisungen auf einer Art Kassenbon ausdruckte.
Die Klassen wurden in zwei Gruppen geteilt, den Anfang machte die Klasse 10a am Montag, den 30. Oktober, die 10b und 10c widmeten sich dem Projekt am Dienstag, den 31.Oktober 2023. Unter Anleitung von Theaterdarstellern erkundeten die Schüler Europa, schmiedeten Pläne, ob es sich beispielsweise lohnt, mit anderen Spielteilnehmern einen Stabilitätspakt zu gründen, oder ob Spielpartner für ihr Verhalten sanktioniert werden sollten. Unterstützt wurde die Erkundung und Interaktion am Tisch durch viele Fragen, die die Schüler beantworten mussten: „Wer an diesem Tisch hat schon mal das große Los gezogen?“ oder „Wer hat einen Konflikt schon mal körperlich ausgetragen?“ Die Antworten darauf führten zu weiterführenden politischen Fragestellungen, wie „Darf man politische Ziele mit Gewalt durchsetzen?“ oder „Sollte man denen, die das große Los schon mal gezogen haben, jetzt etwas wegnehmen?“ Schnell waren die Schülerinnen und Schüler spielerisch in die komplexe Thematik Europa eingetaucht. In keiner Minute wurde dieses interaktive Lernen langweilig, ganz im Gegenteil, man diskutierte, musste eine längere Phase des Schweigens ertragen, manche mussten unter den Spieltisch krabbeln und auch ein Armdrücken gehört zum Spiel.
Und während die Schülerinnen und Schüler Strategien entwickelten durchzog ein Geruch von frisch gebackenem Kuchen das Klassenzimmer. Denn der Kuchen gehört zum Theaterstück dazu. Dafür wurde ein kleiner Backofen mitgebacht und angeschlossen. Denn was erst locker und unterhaltsam begann, entwickelte sich von Akt zu Akt zu einem Konkurrenzspiel – wer bekommt das größte Stück vom Kuchen Europas. Denn die Schülerinnen und Schüler spielten im zweiten Teil des Stückes nun in den vom Spielcomputer bestimmten Teams zusammen um den frisch gebackenen Kuchen. Zum Schluss wurde der Kuchen unter den Siegern des Spiels aufgeteilt. Dabei bekam nicht unbedingt derjenige das größte Stück, der sich am besten im Spiel geschlagen hat, sondern derjenige, der besonders gut taktiert hat. Dieser Vergleich zur europäischen Politik soll im Nachgang im Unterricht vertieft werden.
André Gruber, Sozialkundelehrer am STAMA und seinen Kolleginnen und Kollegen der Fachschaft Sozialkunde freuen sich, dass das Projekt von den Schülerinnen und Schülern begeistert angenommen wurde. „Im gesamten Ablauf kam keine Langeweile auf. Die Teilnehmenden erhielten durch das Projekt einen Einblick in wichtige Entscheidungen der Europäischen Union und wie komplex die Entscheidungen in der EU sein können“, so Gruber.
Die Fachschaft Sozialkunde bedankt sich bei dem Förderverein der Soonwaldstiftung, der durch seine Spende, die Durchführung des Projektes gewährleisten konnte.